Grundlagen der Arzthaftung

Geht es einem Patienten während oder nach einer medizinischen Behandlung schlechter als er sich dies zuvor vorgestellt hat, so stellt er sich nicht selten die Frage, ob er fachgerecht versorgt wurde, d.h. er fragt nach der Arzthaftung. War die Behandlung „lege artis“ oder stellte sie einen ärztlichen Kunstfehler dar? Häufig hat der Patient dabei die Vorstellung, dass der Arzt bereits für die Tatsache haften müsse, dass es ihm schlechter geht; die (nicht unverständliche, jedoch subjektive) Sichtweise des Patienten ist regelmäßig folgende:

„Ich bin doch zum Arzt gegangen, damit er mich heilt/behandelt. Nach der Behandlung geht es mir schlechter als vorher. Also muss eine Falschbehandlung, d.h. ein Behandlungsfehler vorliegen. Deshalb muss der Arzt haften!“

Diese Vorstellung ist so nicht richtig. Es existiert nach deutschem Recht keine Gefährdungshaftung des Arztes.

Die gegenteilige Annahme des Patienten würde logisch voraussetzen, dass es allein in der Hand des Arztes liegt, das Wohl des Patienten zu beherrschen. Da der menschliche Körper jedoch äußerst komplex und zum Teil bis heute nicht abschließend erforscht ist, muss diese Annahme falsch sein; die Medizin ist bis heute keine exakte Wissenschaft, d.h. nicht in der Lage, den Krankheits- oder Heilungsverlauf exakt zu berechnen. Individuelle Reaktionen des menschlichen Körpers auf einen Eingriff sind in der Regel nicht mit Sicherheit vorherzusagen. Damit verbleiben Unwägbarkeiten und Risiken. Folglich kann der Arzt die Entwicklung nicht abschließend beherrschen.

Was folgt daraus für die Arzthaftung?

Grundsätzlich haftet nach deutschem Recht niemand für etwas, das er nicht beeinflussen kann. Nur schuldhafte, d.h. vermeidbare Pflichtwidrigkeiten begründen eine Haftung für einen aufgetretenen Schaden.

Konkret haftet der Arzt nach § 280 I 1 BGB für einen dem Patienten entstehenden Schaden, wenn dieser auf einer Pflichtverletzung beruht, es sei denn, die Pflichtwidrigkeit ist nicht von ihm verschuldet. Dass eine Pflichtwidrigkeit -wenn sie vorliegt- im Zweifel verschuldet ist, vermutet § 280 I 2 BGB. Eine Pflichtwidrigkeit ist gegeben, wenn der Arzt

  • den Patienten ohne wirksame Einwilligung in die Behandlung oder
  • nicht nach dem für die Behandlung geltenden medizinischen Facharztstandard behandelt.

Die gleichen Voraussetzungen ergeben sich unter etwas anderen „Überschriften“ aus der zweiten Anspruchsgrundlage, § 823 I BGB. Da die Voraussetzungen nahezu identisch sind, beschränken wir uns auf eine Darstellung, abgestellt auf § 280 BGB.

Die Haftung des Arztes setzt damit voraus:

  • keine wirksame Einwilligung => 1.)
    oder
  • Pflichtverletzung => 2.)
    ferner
  • Primärschaden => 3.)
  • Kausalität => 4.)


Dies wird nachfolgend der Reihe nach einführend dargestellt. Weiter